Ein Tagungsbericht von der Gründungskonferenz der European Professional Association for Transgender Health (EPATH) vom 12. bis 14. März 2015 in Gent, Belgien. Als europäische Tochterorganisation der World Professional Association for Transgender Health (WPATH) möchte die EPATH zur Verbesserung der Transgender-Gesundheitsversorgung und der Lebenssituation von Trans* beitragen; langfristig sollen in Europa die Standards in Forschung und klinischer Arbeit auf einem hohen Niveau vereinheitlicht werden. Die 1. Konferenz mit dem Titel "Transgender Health Care in Europe" und über 350 Teilnehmenden war in drei Arbeitsbereiche unterteilt: klinische Arbeit, Politik und Forschung. Der Tagungsbericht stellt viele positive Eindrücke heraus, bspw. die Mit-Thematisierung von Genderqueerness und die hohe Beteiligung von Trans*-Personen. Zugleich macht Jana Eyssel aber auch auf eine fortwährende "Auseinandersetzung zwischen Akzeptanz und Pathologisierung von trans* Identitäten" unter den verschiedenen Disziplinen aufmerksam und kritisiert, dass in der EPATH und auf der Konferenz von Medizin und Psychologie geprägte Perspektive auf Trans* vorherrschten.
[Menschen, deren subjektiv erlebtes Geschlecht von dem ihnen bei Geburt zugeordneten Geschlecht abweicht, oder die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht eindeutig zuordnen, werden als trans* bezeichnet. Der offen gehaltene Begriff wird als Sammelbegriff für spezifischere Begriffe wie transgender, transident, transgeschlechtlich oder transsexuell verwendet. Trans* ist als Begriff in der Community verwurzelt und wird sowohl von Individuen zur Selbstbeschreibung als auch in Veröffentlichungen in den Bereichen Aktivismus und Forschung genutzt.]
Die Autor_innen führen die Ergebnisse eines partizipativen Forschungsprojektes zur Trans-Gesundheitsversorgung in Deutschland aus: Dabei wurden 415 trans Personen über einen gemeinsam mit Vertreter_innen der Trans-Selbsthilfe und niedergelassenen Ärzt_innen mit Behandlungserfahrung von trans Patient_innen entwickelten Online-Fragebogen zu ihren Erwartungen an Gesundheitsversorgung befragt. Gefordert wird zentral eine individualisierte und partizipative Behandlung durch spezialisierte und geschulte Fachkräfte, die auf die unterschiedlichen Bedürfnisse von trans Personen eingeht - bspw. auf Unterschiede zwischen binären und nonbinären trans Personen - und kommunikative und sozialer Aspekte im Behandlungsprozess berücksichtigt. Involvierte Fachhkräfte müssten dazu eigene heteronormative Einstellungen in Bezug auf Geschlecht und Sexualität kritisch reflektieren.
Die vorliegende partizipative Studie geht der Frage nach, welche Wünsche und Bedenken transgeschlechtliche Personen gegenüber interdisziplinären Transgender-Versorgungszentren in Deutschland haben, die sich auf transitionsbezogene medizinische sowie psychotherapeutische Bedarfe richten. Barrierearmer Zugang zu Transgender-Versorgungszentren, selbstbestimmte Entscheidungen bezüglich geschlechtsaffimierenden Maßnahmen, individualisierte Versorgung sowie weitere Angebote der Gesundheitsversorgung (z.B. Krebsscreening, Knochendichtemessung, Fruchtbarkeitsbehandlungen) sind Wünsche, die die Mehrheit der Befragten angegeben haben. Bedenken gegenüber Transgender-Versorgungszentren wurden von den Befragten hingegen weniger angegeben als zuvor von den Autor_innen vermutet.
Vorgestellt werden Ergebnisse der inhaltsanalytischen Auswertung eines Online-Fragebogens, über den 415 sich als trans* identifizierende Personen zu Erwartungen an ihre Gesundheitsversorgung in Deutschland befragt wurden. Die Autor_innen stellen dabei zwei Bereiche vor: "von trans* Menschen individuell eingeschätzte Indikatoren ihres Behandlungserfolges" sowie "Diskriminierungserfahrungen in der und Erwartungen an die Gesundheitsversorgung". Als ein zentrales Ergebnis wird die Bedeutung eines wechselseitig vertrauensvollen Verhältnisses zwischen Behandlungssuchenden und Behandelnden hervorgehoben.